La vuelta al mundo

Nach all der Zeit würde man denken, ich würde mit einem klugen Zitat anfangen, einer Weißheit oder anber einem großen Ereignis, was mich die ganze Zeit vom Schreiben abgehalten hat. Leider muss ich euch enttäuschen. Nichts dergleichen werdet ihr hier finden. Ich denke nicht, dass ich großartig intelligenter oder belesener geworden bin, um euch Lebensweisheiten oder Zitate von großen Schreibern um die Ohren zu hauen. Ich wurde auch nicht von Piraten gefangen genommen, oder habe mich fast 1 Jahr durch die Wildnis geschlagen und kein Internet gehabt. Das einzige Abenteuer das ich die ganze Zeit über hatte, war ein Alltag (was zugegeben nicht weniger angsteinflößend war als die anderen beiden Ideen).

Um es kurz zu machen habe ich das letzte Jahr in Neuseeland, genauer gesagt in Queenstown auf der Südinsel, gelebt und gearbeitet. Ich habe eine nette kleine Firma gefunden, die mir das Zimmermannswesen und den Hausbau nähergebracht haben, was super interessant für mich war. Es war aufregend etwas neues zu lernen, neue Herausforderungen und ein aufregendes und ungewohntes Arbeitsumfeld zu haben. Hinzu kommt, dass die Leute, mit denen Oritt und ich das Haus geteilt haben einfach unglaubliche Bereicherungen in unserem Leben waren. Ich würde schon sagen, dass ich mich in diesem Land recht wohl gefühlt habe. Zumindest für eine Zeit. Ob es ein Platz wäre um sich niederzulassen, ist mir zwar durch den Kopf gegangen, allerdings könnte ich keine Antwort darauf geben. Was vielleicht auch schon eine Antwort an sich ist. Aber: ich habe mich wohl gefühlt. Die meiste Zeit. Aber wie es im Leben nun einmal so ist ist, ist die Zeit zu schnell vergangen und ich lernte eine alte deutsche Weisheit neu zu schätzen. Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Die Verabschiedung aus dem Land der Meatpies, des Weines, der atemberaubenden Natur, der Schafe und des Rugbys ist nicht leicht gefallen. Aber wir wussten, dass es nicht das letzte Mal gewesen ist, dass wir dort waren.

La Vuelta al mundo. Die erste Station hieß Malaysia. Genauer gesagt Borneo. Genauer gesagt Kuching. Zum Borneo Rainforest World Music Festival. Es war eine ganze Weile her, dass wir beide auf einem Festival waren. Ich glaube sogar es war eine Premiere für uns beide auf ein World Music Festival zu gehen. Es ist nämlich anders auf ein Musikgenre spezifisches Festival zu gehen, bei dem man einigermaßen erwarten kann was man für Musik hört. Wir hatten keinen Plan was uns dort erwarten soll. Auch ein Festival in einem muslimisch geprägten Land, umgeben von Regenwald, Stränden und Orang Utans hat uns nicht bei der Vorstellungskraft weitergeholfen. Campingplätze voller Menschen, die mit verschiedensten Mitteln versuchen sich selbst und ihre Galaxie besser kennen zu lernen? Andere Sphären erkunden wollen? Tanzstraßen, die sich durch Matsch schlängeln. Am Ende gibt eine selbsternannte Jury Punkte und man kann zwischen einem billigen Dosenbier oder einem Kuss von Jaqueline entscheiden? Wir wussten es nicht. Auch Kuching selbst hat keinen Anschein gemacht, als ob ein verrücktes Partyvolk erwartet würde. Es war alles erstaunlich ruhig. Das einzige was die Menschen ein bisschen aufmischte, war der plötzliche Regenschauer, der kleinere Fluten verursachte, Menschen in Shops oder Restaurants gefangen hielt und genau dann kam, als wir in den Bus zum Festival einsteigen wollten. Wir warteten an der Station eine Stunde, bis ein Ende in Sicht war. Ich glaube das war meine erste Erfahrung mit einem Monsun. Wir nutzten diesem Moment um den wohl wichtigsten Gegenstand unserer Reise zu erwerben. Einen Regenschirm.

Das Festival war ein wenig ausserhalb der Stadt, ca 30 min mit dem Bus in einem cultural Village zu finden. Es war eine ruhige und entspannte Atmosphere. Es war ein wenig komplizierter an ein Program zu kommen, allerdings kannten wir auch keine der Bands, die auftreten sollten, ausser Macka B. Einem Reggae/Rocksteadyartist aus London/Jamaica, der in den 80ern Ruhm erlangte. Das Festival war toll. Es war anders. Ich glaube es war nichtmal das Konzept, dass sich so sehr von europäischen Festivals unterschieden hat. Es gab Workshops, Drumcircles, Yoga, kulturelle Vorführungen, Sport, Tanzkurse, Essensstände, Alkohol, verschiedene Bühnen, Plätze zum entspannen, Informationsstände etc. Es war diese merkwürdige Zusammensetzung der Menschen, die es so speziell gemacht hat. Es war kein Partyvolk, es war alles im Rahmen. Die Leute hatten Spass, aber ohne auszurasten. Kein Wettsaufen, kein rumproleten, kein beweisen wollen. Auch so kann es gehen. Oritt und ich waren beide sehr positiv von der Musik überrascht und werden wohl ein paar Bands im nachhinein auch so anhören. Eine einzige Sache hat mich ein wenig verstört. Die Liebe von Asiaten zu Linedance. Gewöhnungsbedürftig.

Vom Festival ging es weiter auf die Ostseite der Insel. Über Tawau und Semporna auf die wunderschöne Insel von Mabul. Wir haben nämlich beschlossen uns nach diesem harten Jahr Arbeit mit einem Tauchurlaub zu belohnen. Es war grandios, wenn auch anstrengend. 3-4 Tauchgänge am Tag, 5 Tage. Am zweiten Tag war ich wieder so motiviert, dass ich entschlossen habe meinen Advanced Open Water Kurs zu machen. Die Tage glichen sich. Aufstehen, Frühstück, tauchen, Snack, tauchen, Mittagessen, Tauchen, Snack, Duschen, Abendessen, Bier und Rum. Ich habe mich meinem Tauchlehrer, Pol aus Barcelona, so gut verstanden, dass ich kurzzeitig ernsthaft in Erwägung gezogen habe Tauchlehrer zu werden. Das Highlight des Tauchurlaubs sollte ein Tag auf Sipadan sein. Es war sehr schön, aber ich muss zugeben, die Galapagos Inseln haben mich zu einem arroganten Tauchsnob gemacht. Am Ende der 5 Tage waren wir beide froh zu entspannen und ein bisschen anderes Essen zu bekommen. Es ging für 2 Tage nach Kuala Lumpur und von dort nach Vietnam.

Ho-Chi-Minh-City. Ich muss sagen, ich wusste nicht viel über Vietnam, ausser dass sich die Amerikaner dort in den 60/70ern ziemlich in einen unmenschlichen Krieg gegen Kommunismus verrannt haben. Und das es dort aus irgendwelchen kolonialistischen Gründen viele gute französische Bäckereien gibt. Beide Sachen haben gestimmt. Aber es gab noch mehr. Mein erster Eindruck von Südostasien (theoretisch gehört Malaysia ja auch dazu, aber durch die Eindrücke des Festivals und einer Urlaubsinsel, will ich es nicht als Erfahrung in die gleiche Schublade packen) waren Stereotypen. Viel Chaos im Verkehr, noch mehr Mopeds und unglaublich viel Lärm.

Wir sind am späten Nachmittag angekommen und mussten ein paar Sachen erstmal verkraften. Es wurde langsam Dunkel und wir entdeckten die Liebe von Vietnamesen für Lichter und Beleuchtungen. Alles hat geblinkt, war bunt, bestrahlt, Musik, geschreie, gehupe (Hupen dient hier nicht dem Warnen von anderen Verkehrsteilnehmern, es ist viel mehr ein Morsecode für Fahrer zur täglichen Kommunikation). Eine komplette Reizüberflutung. Einer meiner liebsten Mitbewohner aus Queenstown (ein Südostasien Experte) und der wohl herzlichste Taxifahrer aus Kuala Lumpur haben beide den gleichen Scherz gemacht. Wenn du in Vietnam die Straße überqueren willst, schließe die Augen und laufe bis du ankommst. In diesem Moment in Ho-Chi-Minh-City realisierte ich, dass es kein Spass war. Es war die einzige Möglichkeit über eine Straße zu kommen. Die Moped- und Autofahrer halten nur, wenn du vor ihnen stehst, wenn du zögerst, geben sie gas. Ampeln sind nur Dekoration und dienen dem Beleuchtungsfetischder Leute.

Für das erste Abendessen, suchten wir uns ein Restaurant in unserem Block um den Straßen zu entgehen.

Diese Kriegssache, war allgegenwärtig. Zwar gingen wir in das War Memorial Museum, aber ich muss sagen, dass man dadurch nicht schlauer wurde. Ich glaube alle Museen in Vietnam hatten mehr Fotos und Anschauungsmaterial als Informationen. Es ist zwar emotionaler, aber wenn man nur mit Halbwissen ankommt, weiß man nicht so recht wo man die Fotos des französischen, des amerikanischen und des vietnamesischen Krieges einordnen soll. Glücklicherweise gibt es dazu aber Netflix und wir haben uns in diesen kranken Abschnitt der Geschichte nachgebildet und ich glaube das Land danach ein bisschen besser verstanden zu haben.

Wir blieben ein paar Tage dort und fühlten uns von Tag zu Tag wohler. Mit dem Essen, mit dem Verkehr, mit der Mentalität, und mit der Hitze. Man darf ja nicht vergessen, das wir 10 Tage zuvor noch in Neuseeland bei Schneefall und -5 Grad gefroren haben. Von den Nächten will ich gar nicht anfangen.

In Vietnam war Regenzeit, sodass man jeden Tag am Nachmittag ein Gewitter von einer Stunde einplanen konnte. Nach Ho-Chi-Minh-City ging es nach Hoi An. Eine schöne koloniale Stadt mit starkem chinesischen Einfluss. Wir haben uns beide auf die Kultur dort gefreut. Musik, Kunst, Handwerk. Wir haben was anderes erwartet. Die Stadt ist zwar schön anzusehen und schön zu erkunden. Aber was wir dort fortgefunden haben war alles andere als entspannt. Die komplette Innenstadt bestand nur aus Souvenierläden, Bars, Restaurants, Hotels und Touranbietern. Jedes dritte Geschäft war ein Schneider, in dem sich Touristen Maß angefertigte Klamotten zu billigen Preisen machen ließen. Ich bezweifle, das die Arbeitsbedingungen besser waren, als ich größeren Fabriken. Es erinnerte mich ein wenig an Cartagena in Kolumbien. Aus den Bars dröhnten die schlechtesten Bands mit den gleichen Playlists und versuchten westliche Evergreens so zu koordinieren, dass niemand das gleiche Lied zur selben Zeit spielt.

Ein Grund warum ich nie wirklich nach Südostasien wollte, war die Art des Tourismus hier. Jedoch haben viele Menschen gesagt, dass Vietnam noch in den Startlöchern in der Region steht. Nicht zu vergleichen mit Thailand oder Indonesien. In Hoi An fing ich an zu begreifen, dass das relativ ist.

Es ging weiter nach Hue, der alten Hauptstadt und einer gigantischen Zitadelle, die wie viele Stätten nach dem Krieg wieder aufgebaut wurden.

Phong Nha. Ein schöner Nationalpark mit unglaublich vielen Höhlen

Nach Tam Coc, das von wunderschönen Bergen, Reisfeldern, Tempeln und der größten Pagoda der Welt umgeben ist.

Cat Ba. Die Größte unter den 367 Inseln eines traumhaften Archipelagos.

Ha Giang. Von hier haben wir ein Moped gemietet und sind 4 Tage durch die Berge von Stadt zu Stadt gefahren. Definitiv einer meiner Highlights.

Hanoi. Die Hauptstadt Vietnams. Die engen Gassen der Altstadt. Französiche Balkone. Jeder sagt die Küche Hanois ist die Beste des Landes. Das Bier war allerdings das schlechteste.

Ich glaube man merkt, das mich Vietnam nicht wirklich in seinen Bann gezogen hat. Ich glaube ein großer Teil hatte mit der Sprachbarriere zu tun. Es war das erste mal für mich in einem Land zu reisen, in dem ich mich nicht mit den Einheimischen unterhalten kann. Die einzigen Unterhaltungen die stattfanden wurden über etwas zu kaufen, über Transport und über Essen geführt. Zu mehr hat entweder das Vokabular oder das Interesse gefehlt. Ich bin oft an den Punkt gekommen, an dem ich merkte für das Gegenüber nur ein großes Portmonnaie zu sein. Mir wurde bewusst, das die Kommunikation ein großer Bestandteil für mich ist um Länder zu verstehen. Auf der anderen Seite hatte ich auch immer mehr als 4 Wochen Zeit um ein so komplexes und großes Land kennen zu lernen.

Nichtsdestotrotz hatten Oritt und ich eine gute Zeit. Auchwegen dem Essen. Vietnam hat viele Nudelsuppen. Eigentlich fast nur Nudelsuppen. Und Banh Mi (Ein Baguette, mit Pastete, Koriander, Schinken, manchmal Hund, Karotten, Gurken und und und)

Anfangs hatten wir vor 7 Wochen in Vietnam zu bleiben. Das hat sich dann aber doch geändert. Wir sind nach Thailand geflogen. Um den Nudelsuppen zu entgehen und noch ein bisschen die Strände zu genießen. Ich führe ein ernstzunehmendes Curryrating durch und habe schon 2 Favoriten. Momentan sind wir auf Ko Lanta. Genauer gesagt ich alleine. Oritt musste wegen einer Planänderung in der Arbeitswelt zurück nach Neuseeland. Ich habe noch 3 Tage hier und ein bisschen Zeit in Bangkok.

Leider stelle ich gerade fest, dass ich euch nicht die ganze Bandbreite meiner Fotos zeigen kann. Meine Kamera (auf der wohl die schöneren Fotos sind) zankt sich mit dem Laptop und will sich nicht verbinden. Sorry dafür!

 

Ein Gedanke zu “La vuelta al mundo

  1. Hi Gwenn, endlich habe ich mal Zeit gehabt Deinen Bericht zu lesen. War supertoll und hat mir sehr viel Spaß zu lesen.
    Hoffe es dauert nicht wieder so lange von dir zu hören/lesen.
    Liebe Grüße

    Like

Hinterlasse einen Kommentar