La Gringa

Oke, ich habe einiges nachzuholen… schließlich muss ich euch erklären was ich den letzten Monat gemacht habe. Wie ich es geschafft habe Kolumbien (schon vorzeitig) zu verlassen. Warum ich kein Handy mehr habe. Warum ich gerade auf den Galapagosinseln sitze und Pinguine sehe und ein Seelöwe neben mir auf der Bank liegt. Meine Pläne haben sich mal wieder (kurzfristig) verändert.

Ich glaube um euch offiziell ein frohes neues Jahr zu wünschen ist es mittlerweile zu spät. Ich hoffe die meisten von euch haben schön gefeiert. Für die Anderen wird es ein Tag wie jeder andere gewesen sein. Ich war in Manizales. Habe ein paar Freunde getroffen. Habe diese schöne Stadt angeschaut und mehr oder weniger zufällig Fanni und Gregor wieder gesehen. Die beiden sind mir das erste Mal in San Gil über den Weg gelaufen. Schöne Menschen. Interessante Gespräche. Tolle Energie. Wir haben uns in Medellin und wie gesagt in Manizales wieder gesehen. Und auch Neujahr zusammen verbracht. Richtig in Partylaune war niemand von uns. Aber was dann geschah konnte keiner vorhersehen. Silvester wird in Kolumbien mit der Familie verbracht. Es gibt kein feiern mit Freunden, ausgehen, treffen. Es ist besinnlicher als Weihnachten. Restaurants, Bars und alles andere war geschlossen. Alles. Die Stadt mitsamt der Zona Rosa war wie ausgestorben. Also haben wir es uns auf der Couch gemütlich gemacht. Film geschaut und um 0.30 geschlafen. Aber auch nur weil der Film so lange ging. Ich weiß, dass ich mit dem Alter ruhiger werde, aber das hätte selbst ich mir nicht ausgemalt.

Da am ersten Tag des Jahres wenige Menschen verkatert waren, konnte das Leben ganz normal weiter gehen. Die Feria von Manizales sollte beginnen. Eine Woche Ausstellungen, Musik, Feierei, Essen und Stände. Es gab eine große Parade mit verschiedenen Themen und eine komische Motorcrossshow mit Elektromusik. Seltsame Mischung für die Einweihung eines Kulturfestivals, aber über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Das war allerdings nicht der Grund warum ich am 2. Januar mit den beiden Lausbuben- (und Mädchen) nach Salento ging. Ich habe Oritt wieder getroffen und die beiden sind in die Berge. Glaube ich zumindest. Dort haben sich unsere Wege getrennt. Lange wollten/konnten wir nicht in Salento bleiben, weil uns der Karneval nach Pasto gerufen hat. Also sind wir ein Tag im Valle de Cocora und dem Bosque nublado wandern gegangen. Das sich das Cocoratal mit den überdimensionalen Wachspalmen in eine Touristenhochburg verwandelt hat muss ich wohl nicht erwähnen… Als wir Abends erschöpft und hungrig durch die Gassen von Salento gestreift sind, reagierte ich erst nicht, als ich meinen Namen gehört habe. Wer sollte mich hier bitte kennen? Bzw. mit mir reden wollen? Moment. Der Name wurde Richtig ausgesprochen. Also schaue ich mich doch um. Ein blonder Ritter und eine kolumbianische Prinzessin erhellten mein Augenlicht. Im Hintergrund die königlichen Schwiegereltern. In diesem Moment war wohl nur 2 Personen klar war gerade passiert ist. Thomas und seine Frau Diana (2 Freunde aus Heidelberg) sind auf alljährlichen Kolumbienurlaub. Zwar wusste ich von deren Anwesenheit in dem Land, allerdings rechnete ich mit einem Treffen ein paar Tage später im tropischen Cali. Diese Überraschung mussten wir erst einmal mit einem kalten Bier bzw. einer Michelada (Bier mit Limettensaft und Salzrand am Glas) runter spülen. Lustiger Abend. Und viel zu erzählen. Allerdings wird man älter, wie ich an Neujahr schon gemerkt habe, und da wir uns ein paar Tage später schon wieder sehen wollten, haben wir den Abend, wie sich ein paar Tage später herausstellen sollte, leider zu früh beendet.

Am 4ten Januar ging es weiter Richtung Süden. Pasto wartete auf uns und mit dieser Stadt der berühmte Karneval de Negros y Blancos. Nach Baranquilla der angeblich 2t wichtigste Karrneval in Kolumbien und Platz Nummer 3 in ganz Lateinamerika. Die Straßen in Kolumbiens Süden haben sich verändert. Es gibt keine Straßenkontrollen mehr alle 2 Stunden. Es kommen keine uniformierten und schwerbewaffneten Polizisten oder Militärs mehr in die Busse, wollen die Ausweise sehen und schauen einen schräg an. Sie stehen nur noch an den Kontrollposten der Brücken und strecken einem den nackten Daumen entgegen wenn man vorbeifährt. Man sollte denken, dass man dadurch schneller ankommt. Tut man nicht. Im Gegenteil. Die Busfahrer brauchen länger für die Strecken. Die Frage nach dem ‚Warum?‘ bleibt wohl ein weiteres ungelöstes kolumbianisches Rätsel. Wir sind um 21 Uhr in Popayan angekommen. Von Dort sind es noch ungefähr 6 Stunden. Die Reservierung für das vollkommen überteuerte Zimmer konnten wir getrost in den Wind schießen. Nach den ersten Nachfragen wurde die Vorfreude auf den Karneval ein wenig getrübt. Am selben Tag fährt kein Bus mehr nach Pasto. Und der nächste Tag ist schon komplett ausgebucht. Je länger wir dastanden und staunten, desto mehr Leute kamen jedoch zusammen, die auch nach Pasto wollten. Ich bezweifle allerdings, dass jeder dieser Gestalten zum Karneval wollte. Wichtig ist, das so noch ein spontaner Bus zusammengekommen ist und wir nur noch auf den Fahrer warten mussten. Als dieser um 22.45 Uhr den Bus öffnete war auch jedem klar, das wir um 4.30 ankommen würden. In meiner Zeit in Köln habe ich gelernt, dass das wohl nicht die besten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Karneval sind. Nach langer Grübelei hatte ich noch einen todsicheren Ass im Ärmel. Rum. Ich heiterte Oritts und meine Laune enorm auf und sorgte dafür, dass wir zumindest noch zu einem bisschen Schlaf kommen… Bis wir ins Hostel konnten haben wir uns in einer unerwarteten Kälte am Busbahnhof ausgebreitet und wurden langsam euphorischer. Leider muss ich schreiben, dass das auch schon einer der Höhepunkte des Karevals war. Der Andere war der Umzug am nächsten Tag. Zwar war die Musik bzw. die Konzerte richtig gut. Gerade am ‚Dia de los Negros‘ als hauptsächlich Musik von der Pazifikküste gespielt wurde. Aber die am Anfang noch recht Lustige Tatsache, dass man ununterbrochen mit einer Rasierschaumähnlichen Masse besprüht, das Gesicht mit Schuhcreme zugeschmiert und man Mehl in die Haare und in den Nacken gerieben bekommt ist nach 3 Stunden einfach nicht mehr Lustig. Vor allem wen die Leute ununterbrochen versuchen Mund und Augen zu treffen. Von der Lebensmittelverschwendung des Mehls mal abgesehen. Die Verkäufer bekommen mehrere 25 Kilo Säcke in einer Stunde unter das Volk. Die komplette Stadt liegt unter dem weißen Puder. Als wir versuchten das ganze ein bisschen zu vergessen und die Musik zu genießen wurde mir auch noch bei der allzu bekannten „Antanzmethode“ mein Handy geklaut. Diesmal war allerdings nicht wie in Köln ein spezielles SWAT Team in der Nähe, die den Angreifer zu Boden streckten und eine hübsche blonde Polizistin dem angetrunkenen Gwenn scherzend sein Handy wieder in die Hand drückt. Oritt schaute mich tröstend an und hielt mir die Rumflasche entgegen. ‚Es ist nur ein Handy‘. Da hatte sie recht. Ich habe diesen Karneval nicht verstanden. Und will auch keine weitere Zeile darüber verlieren, außer: Der Umzug am nächsten Tag war toll. Es kam mir auch erst Samstag Vormittag, dass ich ohne Internet (die komplette Stadt war lahmgelegt) und ohne Handy den edlen Ritter Thomas nicht erreichen kann um an seine Burg zu kommen. Ich konnte nicht mal Bescheid geben und will hier nochmal betonen wie leid mir das tut.

Der nächste Schritt war eine Mischung aus Schnick-Schnack-Schnuck und einem Austausch aus halb vergessenen und halb erfundenen Informationen um zu entscheiden wo wir als nächstes hinziehen. Denn das ich diesen Monat mit Oritt verbringen wollte, war gesetzt. Sie hat Ende Februar einen Lehrgang zur Yogalehrerin in Cusco und ich müsste am 8. Februar das Land verlassen um mein Visum zu erneuern. Das zukunftsweisende Manizales war im Rennen. Der unbekannte und mysteriöse Choco war im Rennen und Ecuador war im Rennen. Nach meinen letzten (recht bescheidenen) Erfahrungen in Ecuador weiß ich immer noch nicht wie diese Himmelsrichtung gewonnen hat. Im Nachhinein war alles Richtig.

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Markt

Erste Station Otavalo. Der übergroße Artesaniamarkt dort war schon bei den letzten Reisen eine meiner Lieblingsanlaufstellen. Da macht das Visumserneuern sogar Spaß. Nach dem Regen in Pasto das erste Mal wieder Sonne, Wärme und kein Mehl in den Klamotten. Wir hätten locker noch ein paar Tage dort bleiben können, aber unausgesprochene Gedanken zogen uns weiter. Die Zeit ist etwas wertvolles und sollte vergoldet werden. Nächstes Ziel Quito. Nett. Definitiv Nett. Man kann schön durch die Straßen schlendern. Essen ist gut. Und billig. Nachmittags kam regelmäßig ein Regenschauer. Teilweise dauert der sogar bis in die Nacht hinein. Darum waren wir an den Vormittagen aktiver. Nachmittags gab es Recherche. Und die Gedanken spitzten sich zu. Bis es einer Aussprach. ‚Sag mal… Sind die Galapagos Inseln nicht hier irgendwo?!‘ ‚Jup. Das ist eine Inselgruppe. Ich glaub die müssten im Meer vor der Küste liegen.‘ Wir machten zwar Witze darüber und schauten aus Spass nach Flügen. Aber wir wussten beide was passiert, wenn man solchen Ideen nachgeht. Es stellte sich zur Freude unserer Bankkonten heraus, dass die Flüge gar nicht so teuer waren und das Internet setzte das Gerücht in die Welt das dort auch normale Menschen leben, die zu normalen Preisen Essen zubereiten und die Marktfrauen Obst und Gemüse zu normalen Preisen verkaufen. Nur Bier und Wasser sollen teuer sein. Gut verzichten wir halt auf Wasser. Kaufen wir Rum.Wir wussten dass es kein Spaß mehr ist als wir die Bestätigung der Buchung bekommen haben. Seit dem Moment haben wir angefangen uns auszumalen was wir alles mit den Schildkröten machen wollen wenn wir erst einmal dort sind. Und es nahm kein Ende. Wir hatten also noch eineinhalb Wochen Zeit. Was machen wir mit einer Woche vor den Galapagos? Klar in die Berge. Eine Wanderung namens Quilotoa Loop. Ausgangspunkt: Latacunga. Direkte Sicht auf den Atemberaubenden Cotopaxi und dem Iliniza Sur. Sonst nicht sehr sehenswerte Stadt. Außer der Italiener an der Plaza, der uns die beste Pizza seit Reisebeginn beschert hat und eine Eisdiele namens ‚Nicecream‘. Genialer und bezeichnender Name aus meiner Sicht. Der Quilotoa Loop ist eine Wanderung von 4 Tagen und geht durch Dörfer in dieser Region. Seine Höhepunkte hat er in der Umrundung des Quilotoa Sees auf dem Kraterrand, der in einem unwirklichen türkis-grün schimmert (die Einheimischen sagen der See hat keinen Grund. Ich kann zumindest bestätigen, dass ich keinen gesehen habe) und der Käsefabrik in Chugchilan am vorletzten Tag. Die Landschaft ist Wunderschön. Allerdings hat uns der Regen auch hier Nachmittags verfolgt und einen Tag bei einem unmenschlichen Temperatursturz in einem Hostel gehalten. Das hat uns Zeit gegeben ein bisschen mehr über die Inseln in Erfahrung zu bringen. Es gibt dort nämlich auch Pinguine!

Wir hatten immer noch Zeit. Küste-Berge-Küste-Berge?? Ich weiß nicht mehr warum, aber ich war von der Küste nicht wirklich überzeugt. Ich konnte mir nach 5 Monaten Amazonas und die Aussicht auf 1 Woche Galapagos nicht vorstellen an die Küste zu wollen. Aaaaaaußer vielleicht zu surfen… Nein. Wir blieben in den Bergen und haben entschlossen der schweizer Käseroute zu Folgen. Guaranda. Schon auf dem Weg dorthin hat mir der atemberaubende Chimborazo das Versprechen abgenommen, dass ich eines Tages dorthin zurückkehre und ein paar Tage mit ihm verbringe um uns besser kennen zu lernen. Vielleicht nach den Galapagos?! In Guaranda wurde uns am Tag unserer Abreise ein bunter Markt versprochen. Vorher jedoch mussten wir feststellen, das auch hier eine Karnevalshochburg ist. Allerdings fehlten noch ein paar Wochen und wir konnten wir unser Trauma aufarbeiten- Wir durften Zeuge werden, als die Polizei Lautstark mit allen Einsatzfahrzeugen der Umgebung und einer großen Parade (Ich glaube sehr zur Freude des Banditen in der Gegend) ihre Miss Karneval vorgestellt hat. Jede Institution, ob privat oder vom Staat kann eine Miss vorstellen, die in der Karnevalszeit um den Titel kämpft. Das ist Karneval wie ich ihn kenne. Nicht mit Mehl, Schuhcreme und einer lächerlichen Schaumpistole. Ich sage es nicht gerne, aber da ist Ecuador Kolumbien einen Schritt voraus. Der nächste Tag führte uns in das nahe gelegene Salinas. Ein kleines Dorf mit Käsefabrik, Verkaufsstellen und Verkostungen. Leider konnten wir nur ca. 5 der insgesamt 15 Sorten probieren, aber alle 5 waren es wert. Endlich seit 6 Monaten richtiger Käse. Ich konnte gar nicht mehr aufhören. Und hab es auch nicht. Gruyere, Tilister, Emmentaler (ohne Löcher), Gouda und Kräuter. Fange ich an dieses Land vielleicht doch noch zu mögen? Doch nicht nur der Käse hat dieses Dorf so schön gemacht. Nein. Diese Schweizer haben dort auch noch eine Schokoladenfabrik errichtet und ich habe Salinas offiziell den Titel ‚Bestes Dorf Ecuadors‘ verliehen. Und mit Schokolade gefeiert. Wenn dort jetzt noch eine Winzerei aufmacht… Ja, Ecuador erschien in einem anderen Licht. Der einzige Wermutstropfen war der fehlende bunte Markt am Tag der Abreise. Nichtmal ein grauer Markt. Gar keiner. Wir nahmen den Bus 1800 Höhenmeter in die Tiefe an die beschäftigte Küstenstadt Guayaquil. Der Ursprung meines Alptraums. Doch da unser Flug am nächsten Tag ging lies sich das nicht vermeiden. Fast panisch waren wir noch auf der Suche nach Schnorcheln und einer Hülle für eine Kamera um Unterwasserfotos zu machen. Erfolglos. Dafür haben wir uns noch mit Grundnahrungsmitteln eingedeckt um ein paar Tage zu überleben, falls die Gerüchte der billigen Lebensmittel nicht stimmen sollte. Badehose, Sonnencreme, geladene Fotoakkus und die ganzen Geschenke für die Schildkröten und Pinguine im Gepäck… Aloha…

Im übrigen kam mir auf den Galapagos die Idee ein Spendenkonto bzw. ein Crowdfunding einzurichten. Nachdem ich so viele Nachrichten bekommen habe, in denen ihr lieben Menschen gefragt hab warum ich denn nicht mehr schreibe und wann der nächste Eintrag kommt. Ich mag jeden einzelnen hier der das liest, aber stellt mich nicht vor die Entscheidung wenn ich die Wahl habe mit Seelöwen zu schnorcheln oder einen Tag am PC zu sitzen….

5 Gedanken zu “La Gringa

  1. Hi Gwenn, super dass du wieder mal einen Tag am PC geopfert hast um uns mit phantastischen Fotos und einem tollen Bericht über deine Reise teilnehmen lässt. Weiterhin viel Spaß und eine wunderbare Zeit

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  2. Hallo Gwenn, schön mal wieder was von Dir zu hören, erlebnisreicher Bericht, wenn auch einiges nicht so gelaufen ist wie Du wolltest. Das mit dem Handy ist wirklich ärgerlich,aber es gibt auch im Traumparadies nicht nur nette Leute. Ob man das „Spendenkonto“ unerstützen soll ist schon zu überlegen, Du hättest dann – vor lauter mit den Seelöwen schnorcheln und Schildkröten tauchen- noch weniger Zeit dich zu melden. Oder???? Weiterhin eine schöne erlebnisreiche Zeit und ganz liebe Grüße Brigitte

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    1. Nein. Der Sinn vom Spendenkonto wäre mir einen extra Tag zu gönnen, den ich dem Schreiben widme…Also gleiches Vergnügen, aber den Abend gewinne ich, wenn ich mich beeile 🙂
      Ganz liebe Grüße zurück

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